Warum es so schwer ist, in Deutschland einen seriösen Farbmauszüchter zu finden

Begriffdefinition "seriös"
Im Laufe der Zeit habe ich festgestellt, dass jeder eine etwas andere Auffassung von "seriös" hat. Ich persönlich bezeichne einen Farbmauszüchter dann als seriös, wenn er seine Mäuse artgerecht hält und sich mit Genetik auskennt; also keine planlosen, wilden Vermehrungen durchführt.

Problem
In Deutschland gibt es im Großen und Ganzen zwei Farbmauszuchtszenen:

1. Die Vermehrer
Das sind Menschen, die ihre Mäuse wild durcheinander poppen lassen. Ohne Rücksicht auf Genetik oder vererbbare Erkrankungen wie z.B. das MMTV, welches Gesäugetumore verursacht. Diese Menschen halten ihre Mäuse aber manchmal relativ anständig.

2. Die Genetik-Cracks
Diese Menschen sind extrem fit in Sachen Genetik und können dir auswendig die Gencodes ihrer Mäuse aufsagen und im Kopf den Inzucht-Koeffizienten
ausrechnen. Aber sie halten meist 100 oder mehr Mäuse, um einen großen Genpool zu haben. Laut eigener Aussage, könne man diese Mäusezahl nicht artgerecht halten und aus dem Grund leben die meist in Makrolonboxen oder Ikea-SAMLA-Boxen.

Einen Züchter zu finden, der sich sowohl mit Genetik super auskennt, als auch eine artgerechte Haltung vorzuweisen hat, ist sehr, sehr schwer. Und wenn man sie dann findet, sind es meistens sehr gewissenhafte Züchter, die ihre Mäuse nicht einfach an jeden abgeben.

Sinn einer Zucht
Der Sinn einer Zucht sollte stets in der Gesundheit der Art liegen. Klar ist es schön, tolle Farben und Zeichnungen hervor zu bringen, aber was nützt einem die tollste, schönste und größte Maus, wenn sie mit 7 Monaten wegen eines Gesäugetumors eingeschläfert werden muss?

Leider sehen die meisten Züchter und Vermehrer in Deutschland den Sinn in ihrer Zucht darin, möglichst schöne Mäuse in möglichst seltenen Farbschlägen zu züchten. Die Gesundheit bleibt dabei fast immer auf der Strecke.

So interessiert es die meisten Züchter nicht, dass die Farbe extreme Black künstlich durch Strahlung erzeugt wurde. Über die Farbe und die Folgen ihrer Entstehung sind so gut wie überhaupt keine Langzeitdokumentationen vorhanden. Dennoch vermehrt fast jeder mit dieser Farbe.

Auch Tricolormäuse sind im Moment total "in". Liebhaberhalter zahlen unglaubliche Summen, um welche zu bekommen. Und natürlich wächst damit der Kreis der Züchter automatisch. Denn wer will selbst gezogene Mäuse nicht für gute Preise verkaufen?

Wirklich seriöse Züchter hingegen haben oftmals mit zarten Futtermäusen begonnen, aus denen sie ihre eigenen, strammen und vor allem gesunden Linien gezogen haben. Seriöse Zucht bedeutet nicht, einfach Mäuse einer schönen Farbe zusammen zu setzen. Zucht bedeutet Arbeit!

Gute Zucht bedarf Zeit. Zeit für Testverpaarungen, Rückverpaarungen und Beobachtungen. Wie will man beurteilen, ob eine Zuchtlinie wirklich gut und gesund ist, wenn man alle Babys nach spätestens 6 Monaten an andere Züchter oder Liebhaberhalter abgibt? Man muss mit einer Maus erstmal genetisch einwandfreien Nachwuchs haben und diesen bis an sein Lebensende beobachten, ehe man sagen kann, dass diese Linie eine gesunde Linie ist, die man weiterführen kann. Spätfolgen sind nämlich nicht nach den ersten paar Lebensmonaten absehbar.

Und gute Züchter, die all das berücksichtigen, geben ihre Schützlinge, für die sie so viel Zeit, Geld und Liebe gegeben haben, nunmal nicht an jeden ab.

Was will ich?
Aber man sollte sich fragen: Was will man?
Will man eine schöne Maus mit großen Ohren, die vielleicht mit 7 oder 8 Monaten stirbt oder eingeschläfert werden muss? Oder möchte man eine vielleicht nicht ganz so schöne Maus mit kleineren Ohren, die wenigstens eine reelle Chance darauf hat, 2,5 Jahre oder älter zu werden?

Warum ich so urteile
Es ist leicht, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, ich weiß. Aber ich erlaube mir dieses Urteil über die deutsche Farbmauszüchterszene, weil ich ein paar Jahre lang selbst Teil davon war. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass alles immer nur auf seltene Farben, seltene Zeichnungen, Ruhm und Ehre ausgelegt ist. Für die Gesundheit der Mäuse interessiert sich kein Schwein. Ebenso wenig für artgerechte Haltung.

Auch ich habe bestimmte Farben gezüchtet, ohne auf die Gesundheit zu achten. Auch ich war hinter extreme Blacks hinterher, wie der Teufel hinter der Seele.

Es ist schwer zu beschreiben, wenn man nicht Teil dieser Szene ist. Aber es wird ein bisschen zum Selbstläufer und man tut, was alle anderen tun, um von denen wiederum darin bestätigt zu werden, wie toll man ist.

Und wer hört nicht gern, dass er toll ist?

Opfer dieser Handhabung sind aber die Tiere.
Und wenn DU dir Mäuse anschaffen möchtest, solltest du das vorher wissen.

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